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DER NATURNAHE WALDBAU

  • In der Welt der Waldpflege und nachhaltigen Waldbewirtschaftung sind Natur und Mensch untrennbar miteinander verbunden. Dieser Text enthüllt die Prinzipien des naturnahen Waldbaus sowie die Art,  wie sie in der Praxis umgesetzt werden. Wir werden die natürlichen Prozesse kennenlernen und verstehen, wann und warum Eingriffe notwendig sind, sowie die Bedeutung der Baumartenwahl im Kontext des Klimawandels ergründen. Erfahren Sie alles Wissenswerte über den naturnahen Waldbau.

     

    Bei der Waldpflege setzen die im Wald tätigen Fachleute tagtäglich die Grundsätze des naturnahen Waldbaus gemäss der Waldgesetzgebung um. Dieser Ansatz fördert die Zusammenarbeit mit der Natur und berücksichtigt neben der Holzproduktion auch ökologische Aspekte, die Vernetzung und vielfältige Waldfunktionen für eine nachhaltige Bewirtschaftung. Während der Forstarbeiten wird der Wald nur auf Waldstrassen und einem definierten Netz an Arbeitswegen befahren, um so den Waldboden nicht zu zerstören und die Bodenfruchtbarkeit und die Produktionsfähigkeit des Bodens langfristig zu erhalten.

     

    Der naturnahe Waldbau orientiert sich an natürlichen Prozessen der Natur. Dies mindert Risiken, fördert die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit des Waldes, bietet ökonomischen und ökologischen Nutzen und trägt zur nachhaltigen Nutzung der Wälder bei.

  • Schauen wir uns nun zwei faszinierende natürliche Prozesse an, die in unserem Wald am Werk sind:
     

    Natürliche Verjüngung

    • Der Wald verjüngt sich dank der Natur von selbst.

    • Der Wind und die Waldtiere verbreiten Samen über weite Distanzen. So ist der Waldboden meist von Natur aus mit einer Vielzahl von Samen verschiedener Arten bestückt.

    • Sobald Licht und Wärme auf den Boden fallen, beginnen diese Samen zu keimen und bilden die Grundlage für diezukünftige Waldgeneration.

     

    Natürliche Selektion

    • Die Natur ist anspruchsvoll und grausam. Auf einer Waldfläche, die so gross ist wie ein Fussballfeld, konkurrieren im jungen Alter mehr als eine Million Bäumchen um Licht. Die Stärksten unter ihnen wachsen zu kräftigen Bäumen heran, während die Schwächeren aufgrund von Lichtmangel absterben.

    • Dabei geht es nicht nur um die Eigenschaften der verschiedenen Individuen, sondern auch um die artspezifische Durchsetzungsfähigkeit der verschiedenen Arten. Dieses Geschehen wird als «natürliche Selektion» bezeichnet.

    • Die Konkurrenz um Licht dauert ein Leben lang an, bis im hohen Alter nur noch 300 bis 400 Bäume pro Fussballfeld stehen. Wird der Wald nicht zur Produktion des nachwachsenden

    • Rohstoffes Holz genutzt, kann Totholz entstehen. Dieses bietet für viele Arten Lebensraum und zersetzt sich mit der Zeit.

  • Hier gehen wir auf einen weiteren wichtigen Aspekt in der Waldpflege ein. Denn ein Wald erfüllt stets mehrere Funktionen gleichzeitig. Aus diesem Grund werden innerhalb des Waldes verschiedene Ziele verfolgt und flächenweise Prioritäten gesetzt.

     

    Zur Erreichung dieser Ziele werden Massnahmen ergriffen oder es wird bewusst auf
    solche verzichtet. Dabei werden die Eigenschaften und Ansprüche der verschiedenen Baumarten berücksichtigt. Dies gilt insbesondere in den Jahren bei der Verjüngung des Waldes, denn hier entscheidet sich, welche Baumarten in über 100 Jahren unseren zukünftigen Wald bilden sollen. Bei der Arbeit werden die natürlichen Abläufe und Prozesse der Natur bestmöglich genutzt, was vor allem bei der Verjüngung und Pflege des Waldes Kosten sparen kann.

     

    Es wird Wert darauf gelegt, ökologische Aspekte in der Holzproduktion zu berücksichtigen. Das bedeutet beispielsweise das situative Erhalten von Altbäumen als Samen- oder Biotopbäume sowie das punktuelle Belassen von abgestorbenen oder seltenen Bäumen als wertvolle Lebensräume und Vernetzungsobjekte.
     

    Eingegriffen wird, wenn,

    • der nachwachsende Rohstoff Holz genutzt werden soll,

    • die natürlichen Prozesse nicht zum angestrebten Ziel führen,

    • das angestrebte Ziel schneller erreicht werden kann (z. B. Optimierung der Produktion des Rohstoffs Holz),

    • gewisse Arten sehr dominant sind und angestrebte Arten verdrängen,

    • die Anzahl der angestrebten Baumarten ungewollt verringert wird,

    • die natürlich aufkommenden Arten für das zu erwartende Klima nicht geeignet sind.

    Einflussmöglichkeiten

    Bäume benötigen für ein gutes Wachstum Wasser, Sonnenlicht und Nährstoffe in artspezifischen Mengen. In der Schweiz legt die Waldgesetzgebung strenge Regeln fest:
    Düngen und Gentechnik sind verboten und chemische Mittel grundsätzlich ebenfalls.
    Eine künstliche Bewässerung ist beim Wasserbedarf von 400 – 2'000 Liter pro Tag für ausgewachsene Bäume nicht praktikabel. Somit bleibt als Steuerungsmöglichkeit nur das Licht.

     

    Steuerung über das Licht

    Durch gezielte Fällung einzelner Bäume kann mehr Platz und Licht für das Wachstum benachbarter Bäume geschaffen werden. Dadurch wird die Konkurrenz um das verfügbare Wasser im Boden und das Licht in der Baumkrone entschärft. Das ermöglicht, einzelne Bäume gezielt zu fördern und so die Artenzusammensetzung des Waldes sowie die Entwicklung einzelner Bäume zu steuern.

     

    Pflanzungen

    Wo Samen oder geeignete Arten fehlen, können gezielte Pflanzungen helfen, Baumarten anzusiedeln und die Vielfalt zu erhöhen. Eine hohe Artenvielfalt reduziert künftige Risiken, schafft widerstandsfähige Wälder und schafft einen ökologischen Mehrwert.

  • Faktor 1: Artspezifische Präferenzen

     

    Manche mögen es trocken, manche mögen es nass

    Die Wahl der geeigneten Baumart stellt eine weitere Herausforderung dar. Denn nicht jede Art ist für jeden Standort geeignet. Jede der über 130 einheimischen Baum- und Straucharten hat spezielle Ansprüche für ein optimales Wachstum. Neben Licht und Wasser spielen das Klima (u. a. Temperatur und Höhenlage), der Boden und die Topografie (z. B. Talboden oder Hügelkuppe) eine entscheidende Rolle. All diese Anforderungen sind bei der Festlegung der Zielarten von zentraler Bedeutung.

     

    Gleich und gleich gesellt sich gern

    Es ist nachvollziehbar, dass Arten mit ähnlichen Ansprüchen oft an denselben Orten zu finden sind. In einem naturbelassenen Wald würden sich diese Arten zu sogenannten Waldgesellschaften zusammenschliessen, die aus standorttypischen Baum-, Strauch- und Krautarten bestehen. In den beiden Basel gibt es etwa 90 verschiedene Gesellschaften, einige sind weit verbreitet, andere sehr selten.

     

    Die Bedeutung der Krautschicht

    Die Bedeutung der Krautschicht ist nicht zu unterschätzen. Die meist naturbelassene Artenvielfalt der Krautschicht liefert wertvolle Hinweise über lokale Gegebenheiten, insbesondere den Boden. Dieses Wissen ist entscheidend bei der Auswahl geeigneter Baumarten.

     

     

    Faktor 2: Zukunftsüberlegungen / Klimawandel

    Angesichts der Lebensdauer bei Bäumen von weit über 100 Jahren wird die Auswahl der Baumarten angesichts des Klimawandels zu einer anspruchsvollen Aufgabe. Niemand kann mit Sicherheit sagen, wie sich das Klima in den kommenden 100 Jahren entwickeln wird. Die Szenarien zeigen aber, dass die Veränderungen die Wälder unserer Region beeinflussen werden.

     

    Daher ist es ratsam, bereits heute die erwarteten Bedingungen in der Zukunft angemessen zu berücksichtigen. Eine breite, standortgerechte Artenvielfalt anzustreben, die auch heute weniger wirtschaftlich interessante und seltene Arten beinhaltet, ist sinnvoll. Es ist zu erwarten, dass Wälder mit unterschiedlichen Altersklassen (Strukturreichtum) sich besser bewähren als gleichaltrige Wälder. Das Ziel ist deshalb, ein vielfältiges Mosaik zu schaffen.

     

    Der naturnahe Waldbau und der Klimawandel erfordern ein umfassendes Wissen, eine flächenspezifische Betrachtung, die Berücksichtigung übergeordneter Zusammenhänge und Ziele sowie die Fähigkeit, die langfristige Wirkung einer Massnahme abschätzen zu können. Gut ausgebildetes Fachpersonal ist unerlässlich, denn die Entscheidungen von heute formen den Wald in weit über 100 Jahren.

    • Wie gut wird die Baumart mit dem künftigen Klima zurechtkommen?

    • Wie viel Licht braucht die Baumart?

    • Wie breiten sich Baumkrankheiten und Schädlinge mit der Globalisierung aus?

    • Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Pflegemassnahme?

    • Wie konkurrenzstark ist die Art?

    • Ist der Standort für die Baumart geeignet?

    • Wird die Baumart längere Trockenperioden überstehen?

    • Welche Mengen an Niederschlägen sind künftig zu erwarten?

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