WALD- UND WILDTIERMANAGEMENT:
ZWISCHEN SCHUTZ UND NUTZUNG
Im Wald- und Wildtiermanagement ist die Balance zwischen Schutz- und Nutzinteressen von grosser Bedeutung. Gestützt auf die Bundesgesetzgebung (vgl. Art. 1 Waldgesetz (WaG, SR 921.0), Art. 1 Jagdgesetz (JSG, SR 922.0) und Art. 1 Fischereigesetz (BGF, SR 923.0)) gilt es, den aktuellen Herausforderungen verhältnismässig gerecht zu werden und nachhaltig sowie zukunftsgerichtet zu wirtschaften.
Die Aufgaben des Amtes für Wald beider Basel lassen sich in vier Bereiche aufteilen:
1. Sicherstellen der ökologisch nachhaltigen Entwicklung und Schutz von Wald und Wild
2. Regeln der Nutzung von Wald und Wild3. Sicherstellen der Qualifikation der im Aufgabengebiet aktiven Personen und Vermitteln von Wissen im Bereich Wald und Wild
4. Unterstützen der im Aufgabengebiet tätigen Organisationen und Vertreten der Interessen des Kantons gegenüber Dritten (Bund, Kantone, Gemeinden, Organisationen)Wildtiere benötigen Raum, Wandermöglichkeiten und Ruhe
Für die Ausbreitung von Wildtieren und den genetischen Austausch zwischen Populationen ist die Wanderungsfreiheit entscheidend. Die Lebensräume der Wildtiere sind jedoch oft stark fragmentiert, was ihre Bewegungsfreiheit einschränkt. Strassen, Zäune und bebaute Flächen sind Wanderhindernisse und ausgeräumte Kulturlandschaften verkomplizieren deren Bewegungen. Schweizweit wurden überregionale Wildtierkorridore ausgeschieden, die an kritischen Engstellen des grossräumigen Vernetzungssystems der Wildtiere liegen. Diese Korridore sind entscheidend für die Ausbreitung und den genetischen Austausch der Populationen und müssen daher für Wildtiere weiterhin passierbar bleiben.Wildtiere brauchen Rückzugsgebiete, in denen sie ungestört leben können. Doch geeignete, ruhige und vernetzte Lebensräume sind begrenzt. Wildtiere haben oft Schwierigkeiten auszuweichen. Aus diesem Grund wurden Wildruhegebiete festgelegt, die die menschlichen Aktivitäten steuern und den Wildtieren genügend Raum für Nahrung und Ruhe bieten. Wildruhegebiete schaffen eine zeitliche und räumliche Entflechtung der Lebensraumnutzung von Mensch und Wildtier.
Wildtierkorridore und Wildtierbrücken für die Vernetzung
Wildtierkorridore, die im kantonalen Richtplan und im neuen Wildtier- und Jagdgesetz (WJG) verankert sind, ermöglichen Wildtieren eine möglichst störungsfreie Wanderung zwischen Lebensräumen. Neben deckungsreichen Grünflächen können auch Kunstbauten wie Wildtierbrücken über Autobahnen als Verbindung dienen. Eine solche Wildtierbrücke ist in Tenniken in Planung. Nicht nur unterschiedliche Wildtierarten profitieren davon, sondern auch der Mensch: Das Risiko von Kollisionen zwischen Fahrzeugen und Wildtieren kann deutlich reduziert werden. Die Brücken sind aber für Menschen tabu.
Erhöhte Freizeitaktivitäten und die Bedeutung von Wildruhegebieten
In den letzten 30 Jahren haben nicht nur traditionelle Freizeitaktivitäten in der Natur zugenommen, sondern auch neue Sportarten, die ein breites Publikum anziehen. Die steigenden Aktivitäten bergen die Gefahr, dass sie Lebensräume überbeanspruchen und somit Konflikte mit den Bedürfnissen der Wildtiere auslösen oder diese damit ganz aus ihren angestammten Gebieten verdrängen. Die häufigen Störungen durch menschliche Aktivitäten haben für viele Wildtiere einen Einfluss auf ihr Verhalten und ihren Gesundheitszustand, was sich negativ auf die Reproduktion sowie ihren Lebensraum auswirken kann.
Wildruhegebiete sind wichtige Rückzugsgebiete für Säugetiere und Vögel in Zeiten zunehmender Freizeitnutzung. In den Wildruhegebieten sind nächtliche Störungen, wie Licht und Lärm, das Verlassen von Waldstrassen und von markierten Wanderwegen, das Ableinen von Hunden und das Überfliegen mit Drohnen, untersagt. Die Jagd ist eingeschränkt und es kann pro Jahr nur eine bewilligungspflichtige Freizeitveranstaltung von öffentlichem Interesse bewilligt werden, sofern diese die Wildtiere nicht übermässig stört.
Das Amt für Wald beider Basel spielt eine zentrale Rolle bei der Ausscheidung und dem Erhalt von Wald, Wildruhegebieten und Wildtierkorridoren. In Zusammenarbeit mit den Gemeinden wird eine angemessene funktionale und räumliche Sicherung gewährleistet. Dies beinhaltet die Prüfung von Anträgen für technische oder bauliche Eingriffe in Wildtierkorridore, bei denen gemeinsam mit den Verursachern Lösungen zur Sicherung der Korridorfunktion gesucht werden. Auch Ausgleichsmassnahmen wie das Pflanzen von Hecken können zur Verbesserung der Durchgängigkeit beitragen. Zusätzlich werden im gesamten Kanton neue Wildruhegebiete definiert, die wildökologischen Kriterien entsprechen.
Bei der Identifizierung potenzieller Wildruhegebiete werden sowohl aktuell besetzte als auch potenzielle Lebensräume verschiedener Huftiere wie Gämse, Rothirsch, Wildschwein und Reh, aber auch von Feldhasen und von Felsenbrütern miteinbezogen. Dieser Prozess begann im Jahr 2023 in der Pilotregion Ergolzquelle und findet unter Mitwirkung der verschiedenen lokalen Interessengruppen darunter Jagd, Naturschutz, Landwirtschaft sowie Freizeitnutzung statt.
Die Verfahren zur Planung und Umsetzung von Waldfunktionen und Wildruhegebieten basieren auf bewährten partizipativen Prozessen im Rahmen der Waldentwicklungsplanung. Diese bildet die Grundlage für die Planung und Umsetzung von Waldfunktionen, wodurch ein ausgewogenes Zusammenspiel von Wald- und Landwirtschaft sowie Wildtieren erreicht wird.
Die räumliche Verteilung und die Intensität von Erholungsnutzung und Jagdausübung sowie geeignete Wildruhegebiete spielen eine entscheidende Rolle für die Sicherstellung von Rückzugsmöglichkeiten und Ruhe für die Wildtiere. Dies ist nicht nur für den Schutz der Tiere von Bedeutung, sondern trägt auch zur Förderung klimaresistenter Baumarten bei, die als «Bäume der Zukunft» gelten. Denn wenn die Wildtiere genügend Austritte ins Offenland und wenig Störung im Wald erfahren, nimmt der Verbiss an Jungbäumen ab.
Dies ist von grosser Bedeutung, um die nachhaltige Entwicklung widerstandsfähiger Wälder voranzutreiben und den Einfluss des Klimawandels zu berücksichtigen.