SCHUTZWALD UND NATURGEFAHREN
Gemeinsam tauchen wir in die Welt des Schutzwaldes ein – ein wahres Meisterwerk der Natur! Mit seiner Schutzfunktion spielt er eine entscheidende Rolle bei der Verhinderung von Steinschlag, Erdrutschen und anderen gefährlichen Naturgefahrenprozessen. Wir erklären, wie die Bäume des Waldes diese Schutzfunktionen erfüllen, wie sie sich in Zeiten des Klimawandels bewähren und in welchem Zustand sich unsere Schutzwälder befinden.
Ganzheitliches Risikomanagement
Der moderne Umgang mit Naturgefahren erfordert ein ganzheitliches Risikomanagement. Neben strategischer Planung und organisatorischen Massnahmen wie Zonenplänen und Notfallvorbereitungen und den Schutzverbauungen bildet der Schutzwald das Rückgrat dieses Risikomanagements zur Abwehr von Naturgefahren. Dieser Wald nimmt eine einzigartige Position ein, da er grossflächig wirkt und gleichzeitig Schutz vor verschiedenen Naturgefahren bietet. Aufgrund des langsamen Wachstums der Bäume kann seine Schutzwirkung nur mittel- bis langfristig beeinflusst werden. Daher ist eine regelmässige und gezielte Pflege zwingend erforderlich.
Ökonomische und ökologische Vorteile der Schutzwaldbewirtschaftung:
Die Bewirtschaftung von Schutzwäldern birgt im Vergleich zu technischen Verbauungen sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile. Die Kosten für technische Schutzsysteme, wie beispielsweise Steinschlagschutznetze, sind rund zehnmal höher.
Steinschlag
Die Wurzeln der Bäume halten Steine zusammen, sodass diese nicht losbrechen. Sind Steine in Bewegung, werden sie durch den Kontakt mit den Baumstämmen abgebremst oder gar zum Stillstand gebracht. Beim Abbremsen wird neben der Geschwindigkeit auch die Sprunghöhe der Steine reduziert.
Die Schutzwirkung des Waldes ist abhängig von den vorhandenen Baumarten, ihren Stammdurchmessern, der Dichte der Bestockung sowie dem Alter der Bäume. Ein guter Schutzwald gegen Steinschlag besteht aus verschiedenen Baumarten, ist stammzahlreich, nicht zu alt und strukturiert. Die hohe Stammzahl führt zu vielen Kontakten zwischen Steinen und Bäumen. Deshalb ist eine gezielte und kontinuierliche Pflege unerlässlich, um die langfristige Schutzwirkung des Waldes zu gewährleisten.
Rutschung und Erosion
Weiter stabilisieren die Wurzeln, insbesondere die Feinwurzeln der Bäume, unseren Boden und verhindern Erosion und Rutschungen. Sie entziehen dem Boden laufend Wasser, was seine Festigkeit erhöht. Die Blätter, Zweige und Äste der Bäume halten eine gewisse Menge an Niederschlag zurück und lassen diesen verdunsten, bevor er den Boden erreicht. Dieser Vorgang nennt sich Interzeption. Dadurch gelangt weniger Wasser in den Boden als im Offenland. Die tiefe Durchwurzelung des Bodens ermöglicht einen besseren Wasserabfluss und sorgt dafür, dass der Boden eine höhere Menge an Wasser aufnehmen kann.
Hochwasser
Zudem schützt der Schutzwald entlang von Bächen durch natürliche Prozesse vor Erosion, Rutschungen und Hochwasser. Bei unzureichender Pflege kann er auch erhebliche Schäden anrichten. Deshalb ist es unerlässlich, unseren Schutzwald so zu pflegen, dass er uns auch in Zukunft vor Naturgefahren schützen kann. Neben wichtigen Massnahmen die auch ausserhalbes des Waldes geschehen, bildet der Schutzwald einen wichtigen Beitrag zur Gefahrenprävention.
Nicht jeder Wald schützt uns vor Naturgefahren. Die Ausscheidung von Schutzwäldern basiert auf einer sorgfältigen Beurteilung entlang dreier entscheidender Kriterien, die in der ganzen Schweiz einheitlich angewendet werden.
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Gefahrenpotenzial: Welche Art und Intensität von Gefahren drohen?
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Schadenpotenzial: Was wird durch den Schutzwald geschützt?
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Schutzwirksamkeit des Waldes: Wie stark kann der Wald der Gefährdung entgegenwirken?
Der Kanton verfügt seit 2012 über eine Schutzwaldausscheidung, rund 3'700 Hektar Wald bieten direkten Schutz gegen Naturgefahren. Dies sind rund 18 Prozent der Gesamtwaldfläche. Er spielt eine entscheidende Rolle im Schutz von Menschen, aber auch von Sachgütern wie Autobahnen, Kantonsstrassen, Bahnlinien und Siedlungsgebieten im Wert von mehreren 100 Millionen Franken. Damit der Wald seine Schutzwirkung langfristig aufrechterhalten kann, bedarf es einer zielgerichteten und kontinuierlichen Pflege.
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Bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts war Holz der wichtigste Rohstoff und Energieträger für die Menschen. Daher wurden die Wälder bis in die 1960er-Jahre aus rein wirtschaftlichem Interesse genutzt und gepflegt. Sogar die Bestände in den Steillagen waren gut gepflegt, denn auch dort wurde der wertvolle Rohstoff Holz geerntet.
Wo also Mitte des letzten Jahrhunderts eine Holzentnahme in diesen steilen Wäldern ohne grössere Schwierigkeiten möglich war, ist sie es heute kaum mehr. Unsere Siedlungen erstrecken sich heute mit einem dichten Netz an Strassen, Bahnlinien und Einrichtungen für die öffentliche Versorgung über weite Flächen. Die natürlichen Gegebenheiten dagegen bleiben nahezu unverändert. So stehen wir heute vor der schwierigen Situation, in der ein wachsendes Schadenpotenzial auf ein hohes Gefahrenpotenzial trifft. Der Schutzwald schützt eine Vielzahl dauerhaft gefährdeter Personen sowie erhebliche Sachwerte vor Naturgefahren. Es besteht immer ein direkter Zusammenhang zwischen dem Gefahrenprozess, wie beispielsweise Steinschlag, dem Wald und dem zu schützenden Objekt. Unser Schutzwald erstreckt sich zumeist in steilem Gelände und unterhalb liegen die zu schützenden Objekte.
Auf knapp der Hälfte der rund 1'000 Hektar Schutzwald gegen Steinschlag wurden erste Massnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Schutzwirkung des Waldes erhalten bleibt oder sogar gesteigert wird. Auf den restlichen 500 Hektar Schutzwald wird der Zustand als mässig bis ungenügend beurteilt. Diese Situation hat sich aufgrund der Waldschäden infolge von Trockenheitsjahren noch weiter verschärft. Zahlreiche Schutzwälder wurden stark geschädigt und haben ihre Schutzwirkung beinahe verloren. Aufgrund des instabilen Waldzustandes sind grösserflächige Sanierungs- und Pflegemassnahmen unumgänglich. Es ist wichtig, die Pflege von bereits verbesserten Schutzwäldern fortzusetzen, um sicherzustellen, dass diese Wälder nachhaltig geschützt bleiben.
Schutzwald und Klimawandel
Klimaexperten rechnen für das 21. Jahrhundert mit einer Klimaerwärmung in der Region Basel von etwa 4°C. Auch der Wald wird von diesen Veränderungen betroffen sein. Die Häufigkeit und das Ausmass von Extremereignissen werden voraussichtlich stärkeren Einfluss auf die Vegetationsentwicklung haben als die Zunahme der Durchschnittstemperatur. Direkte Auswirkungen wie Dürren, Hitzewellen, Stürme, Starkniederschläge und Überschwemmungen, aber auch indirekte Folgen wie Krankheiten, Schädlinge und Waldbrände werden die Dynamik des Waldes grundlegend verändern.
Vieles ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Das Prinzip der Risikoverteilung dürfte beim heutigen Stand des Wissens auch für die Bewirtschaftung und Pflege der Schutzwälder ein guter Ratgeber sein. Im Vergleich zu den Kosten für den Bau und die Wartung von entsprechenden technischen Verbauungen kann der Wald seine Schutzwirkungen um den Faktor 10 bis 25 kostengünstiger erbringen.